Macht das vom Berliner Senat und dem Landessportbund Berlin initiierte Projekt BERLIN HAT TALENT bald bundesweit Schule? Über diese und andere Fragen sowie die ersten Forschungsergebnisse aus zwölf Monaten BERLIN HAT TALENT diskutierten am 5. und 6. November anerkannte Experten aus dem deutschen Spitzensport auf einem Fachsymposium in Berlin. Mit Olympiasiegerin Britta Steffen erhält das bislang einmalige Förderprojekt zudem eine prominente Botschafterin. BERLIN HAT TALENT ist bundesweit eine der ersten Aktionen, die systematisch und flächendeckend alle Kinder einer Altersstufe sichtet, ihre motorischen Fähigkeiten testet und sie individuell fördert und fordert. Eine echte Mammutaufgabe: Schließlich sind von den 3,6 Mio. Einwohnern Berlins eine Viertel Million Menschen zwischen 6 und 15 Jahre alt (Stand 31.12.2014). Unter diesen Kindern und Jugendlichen gibt es zahlreiche unentdeckte sportliche Talente, aber auch viele mit motorischen Defiziten. Mit dem Deutschen Motorik Test (DMT) werden aktuell über 5.000 Berliner Kinder der dritten Klassen auf ihre Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit getestet. Aus den wissenschaftlich fundierten Ergebnissen wiederum werden für jedes Kind individuelle Trainings- und Bewegungsstrategien ermittelt und umgesetzt. So erhalten sportlich Talentierte bereits Einladungen zu „Talentiaden“ (Sportfesten) in derzeit fünf Stadtbezirken. Die jeweils besten Kinder werden durch eine Kooperation mit den Berliner Sportvereinen kontinuierlich gefördert, um sie später an einer der drei Berliner Eliteschulen des Sports einzuschulen. Werden bei Kindern motorische Defizite ermittelt, soll ihnen durch qualifizierte Sportlehrer, Trainer und Übungsleiter die Freude an Sport und Bewegung vermittelt werden. Dadurch wiederum werden die motorischen Fähigkeiten verbessert und ganz allgemein die Gesundheit gefördert. Die Hochschule für Gesundheit & Sport, Technik & Kunst (H:G) hat die wissenschaftliche Begleitung des Projekts übernommen. Prof. Dr. Jochen Zinner, ehemaliger Leiter des Olympiastützpunkts Berlin und Direktor am Institut für Leistungssport und Trainerbildung der H:G, legte anlässlich des Fachsymposiums erste Ergebnisse zu BERLIN HAT TALENT vor. Für die Studie wurden 4.800 Berliner Drittklässler aus 111 Grundschulen befragt, ihr sozialer Hintergrund erfasst und ihre motorischen Fähigkeiten durch den Deutschen Motorik-Test analysiert. Das Ergebnis ist überraschend positiv: Über 90 Prozent der befragten Kinder bewegen sich gern und freuen sich auf die Sportstunden in der Schule. 78 Prozent wollen insgesamt aktiver Sport treiben als im Moment und 71 Prozent haben Sport bereits zu ihrem Hobby auserkoren. Interessant auch, dass sich bei den meisten Kindern die Vorbild-Funktion der Eltern auswirkt. Daran abzulesen, dass 54 Prozent der Kinder sportlicher Eltern in einem Verein aktiv sind, aber nur 34 Prozent, wenn Mutter und/oder Vater selbst keinen Sport treiben.
Prof. Dr. Jochen Zinner: „Es sind noch nicht alle Ergebnisse ausgewertet, aber unter dem Strich können wir sagen: Berliner Schulkinder sind gar nicht so unsportlich, wie es medial häufig beklagt wird. Im Vergleich mit anderen Bundesländern hat die Hauptstadt sogar überdurchschnittlich viele sportliche Kinder. Die Sportlehrer, Vereinstrainer und Übungsleiter sind gefragt, damit diese Begeisterung nicht verloren geht und die Kinder beim Sport bleiben.“
Wo Licht ist, findet sich allerdings auch Schatten: Jedes fünfte der getesteten Berliner Schulkinder erzielte im angewandten Deutschen Motorik-Test nur unterdurchschnittliche Ergebnisse. Und jedes 13. Kind (366 von 4.800) ist deutlich übergewichtig, was auf den ersten Blick prozentual gar nicht so schlimm aussieht, aber hier muss gelten: jeder Einzelne ist einer zu viel!
Hochkarätige Experten und Referenten diskutierten in der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) über das Projekt und die Studienergebnisse beim großen Fachsymposium. Aus dem Leistungssport waren unter anderem die zweifachen Olympiasieger Britta Steffen (Schwimmen) und Robert Bartko (Bahnradsport) dabei. Aus dem wissenschaftlichen Bereich dozierten Prof. Dr. Klaus Cachay (Tübingen), Prof. Dr. Klaus Bös (Karlsruhe), Prof Dr. Bernd Wolfarth (Berlin), Prof. Dr. Albrecht Hummel (Chemnitz), Prof. Dr. Urs Granacher (Potsdam) und viele weitere namhafte Referenten.
Eines der Hauptziele des Symposiums war es, das Projekt BERLIN HAT TALENT bundesweit einzuordnen und Denkanstöße sowohl für die eigene Arbeit als auch für den Sport in anderen Bundesländern zu liefern.
Mehr Informationen zum Projekt und die ausführliche Statistik erhalten Sie bei:
Landessportbund Berlin / BERLIN HAT TALENT / Simon Schulte / Tel: +49 (030) 30002–191 / E‑Mail: s.schulte@lsb-berlin.de